EU arbeitet an neuen Verordnungen zur Digitalisierung
Die EU arbeitet derzeit an neuen Verordnungen zur Digitalisierung und digitalen Märkten, welche auch den Datenschutz beeinflussen werden und die Online-Welt im Allgemeinen. Wir möchten hiermit einen kurzen Überblick über die geplanten Verordnungen und den aktuellen Stand im Gesetzgebungsverfahren geben.
Grundsätzlich verfolgt die EU mit den neuen Verordnungen das Ziel die Digitalisierung in Europa weiter voranzubringen und sich wieder mehr Macht über die digitalen Märkte zu sichern. Einige dieser Verordnungen haben eindeutig den Hintergrund zu verhindern, dass marktmächtige US-Unternehmen wie Facebook, Google und Amazon weiterhin in einem nahezu unregulierten bzw. teilweise rechtsfreien Online-Raum schalten und wirtschaften können wie sie wollen.
Digital Services Act
Der Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?qid=1608117147218&uri=COM%3A2020%3A825%3AFIN) wird derzeit im EU-Parlament und zwischen den Mitgliedsstaaten noch beraten. Das Gesetzgebungsverfahren ist damit bereits weit fortgeschritten, jedoch fehlt derzeit noch ein Datum für das Inkrafttreten.
Das Ziel der Verordnung soll es sein, Betreiber von Online-Plattformen zu mehr Verantwortung und Sicherheit im Netz zur verpflichten. Unternehmen wie Facebook und Google sollen verpflichtet werden mehr gegen rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen zu unternehmen, ihre Zusammenarbeit mit Behörden zu verbessern oder auch ihre Transparenz im Allgemeinen verbessern. Insgesamt sieht der Digital Services Act mehr Rechenschafts- und Sorgfaltspflichten für „sehr große Online-Plattformen“ vor. Wie bereits aus der DS-GVO bekannt sollen bei Verstößen bis zu 6% des Gesamtumsatzes als Strafen ausgesprochen werden können.
Digital Markets Act
Der Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Gesetz über digitale Märkte), (Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020PC0842&from=de) ist ebenfalls in der jetzigen Form noch nicht endgültig beschlossen. Das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten haben auch hier noch über den Entwurf zu entscheiden, sodass noch kein Termin für das Inkrafttreten steht.
Mit dieser Verordnung soll insbesondere die monopolähnliche Stellung von digitalen Plattformen in Online-Märkten aufgebrochen werden. Adressiert ist diese Verordnung damit auch wieder an die großen Onlineunternehmen wie Facebook, Google, Amazon & Co. Die Marktmacht dieser Unternehmen soll mit der Verordnung verringert und mehr Wettbewerb soll ermöglicht werden. Davon sollen insbesondere europäische Wettbewerber profitieren. Es bleibt jedoch fraglich, ob diese Verordnung nicht mindestens 10 Jahre zu spät kommt, da sich die Marktverhältnisse und technischen Vorsprünge durch die marktbeherrschenden Unternehmen zum Teil schon so verfestigt haben, als dass dies durch eine EU-Verordnung wieder rückgängig gemacht werden könnte. Hiermit soll eine neue Verordnung das schaffen, was durch das althergebrachte Kartellrecht in der EU bisher nicht geschafft werden konnte. Auf kleinere Digitalunternehmen ohne großen Marktanteil auf ihrem Markt wird die Verordnung wohl voraussichtlich nicht adressiert sein und wenig Auswirkungen haben.
Auch hier drohen bei Verstößen wieder hohe Geldbußen von bis zu 10% des Jahresgesamtumsatzes.
Data Governance Act
Der Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über europäische Daten-Governance (Daten-Governance-Gesetz) muss noch vor dem EU-Parlament verhandelt werden, bevor er Inkrafttreten kann.
Ziel dieser Verordnung ist es,
- „Bedingungen für die Weiterverwendung von Daten bestimmter Datenkategorien, die im Besitz öffentlicher Stellen sind, innerhalb der Union;
- Ein(en) Anmelde- und Aufsichtsrahmen für die Erbringung von Diensten für die gemeinsame Datennutzung;
- ein(en) Rahmen für die freiwillige Eintragung von Einrichtungen, die für altruistische Zwecke zur Verfügung gestellte Daten sammeln und verarbeiten“
festzulegen.
Im Grunde soll damit die Zusammenarbeit und Datenübermittlung zwischen Unternehmen, Privatpersonen und öffentlichen Stellen erleichtert und gefördert werden. Einige EU-Staaten, die in der Digitalisierung weiter fortgeschritten sind, werden diese Verordnung nicht für notwendig halten. In Deutschland, wo die Digitalisierung noch einige Schritte aufholen muss, kann diese Verordnung aber durchaus wichtige Impulse setzen.
Artifial Intelligence Act
Der Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL LAYING DOWN HARMONISED RULES ON ARTIFICIAL INTELLIGENCE (ARTIFICIAL INTELLIGENCE ACT) AND AMENDING CERTAIN UNION LEGISLATIVE ACTS (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1623335154975&uri=CELEX%3A52021PC0206) wurde erst am 21.04.2021 vorgestellt und muss ebenfalls noch EU-Rat und EU-Parlament passieren.
Mit dieser Verordnung soll zum ersten Mal ein Rechtsrahmen für die Arbeit mit künstlicher Intelligenz entstehen. Künstliche Intelligenz soll je nach ihren Fähigkeiten in Risikoklassen eingeteilt werden, welche dann mit bestimmten Sicherheitsverpflichtungen einhergehen. Je höher das Risiko, desto größer die Pflichten, welche beim Einsatz erfüllt werden müssen. Dies geht sogar so weit, dass die EU-Kommission sich das Verbot von gewissen Techniken vorbehält.
Grundsätzlich ist es gut, dass sich die EU im Jahr 2021 zum ersten Mal in Form einer Verordnung dem Thema Künstliche Intelligenz annimmt, da hier in den nächsten Jahren noch viel Fortschritt zu erwarten ist und unser zukünftiges Leben wahrscheinlich erheblich davon mitbestimmt und ggf. auch verbessert wird. Ein rechtlicher Rahmen ist sowohl für Entwickler zur Orientierung als auch als vertrauensbildende Maßnahme für die Bürger notwendig.
Auch hier können Verstöße mit bis zu 6% des Jahresgesamtumsatzes bestraft werden.
Wie wird sich die digitale Zukunft in der EU entwickeln?
Die Gesetzesvorhaben beweisen, dass die EU ihren Handlungsbedarf bei digitalen Märkten erkannt hat. Den Wildwuchs und den teilweise rechtsfreien Raum der digitalen Märkte, den Digitalunternehmen nach Belieben unter sich aufteilen konnten, wird es zukünftig so wohl nicht mehr geben. Unternehmen wie Facebook, Amazon und Google wird das ärgern, für EU-Bürger ist es aber grundsätzlich eine gute Nachricht. Es bleibt zu hoffen, dass die Verordnungen nicht durch zu viel Lobbyarbeit als zahnlose Tiger enden oder durch Uneinigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten auf Jahre hinausgezögert werden. Es ist schließlich zu bedenken, dass die EU in Sachen Gesetzgebung seit Aufkommen der ersten Smartphones einiges in der Lebensrealität ihrer Bürger aufzuholen hat.
Werden diese Verordnungen in der derzeit angedachten Weise letztlich verbschiedet, wird dies durchaus Anpassungsbedarf von Unternehmen und Nutzern aufgrund von EU-Gesetzgebung bedeuten, was nicht immer als positiv wahrgenommen wird. In diesem Fall ist es aber notwendig und längst überfällig, dass nahezu unregulierte digitale Märkte zukünftig etwas stärker im gemeinsamen Wirtschaftsraum der EU reguliert werden. Auch der Datenschutz wird davon nicht unberührt bleiben.