Bewerbungsprozess in der Digitalisierung
- Written by Stephanie Vogel
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Der Bewerbungsprozess wird heute zum Großteil über das Internet abgewickelt und die Bewerbungen online erfasst. Das Bewerbungsanschreiben einschließlich der Anlagen wie Arbeits- und Schulzeugnisse sowie der Lebenslauf werden durch die Digitalisierung zumeist durch ein Bewerbungsportal oder per E-Mail dem zukünftigen Arbeitgeber übermittelt. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass Unternehmen die digitalen Unterlagen der Bewerber mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten (sog. Giftschrankdaten z. B. Religionszugehörigkeit, Schwerbehinderteneigenschaft) auch in besonderem Maße schützen müssen.
Damit die Interessen der Bewerber und die aufsichtsbehördlichen Vorgaben gewahrt werden ist zum Einen der Prozess der Erfassung (z. B. durch Bewerbungstools) datenschutzkonform auszugestalten und zum Anderen muss die Speicherung bzw. Archivierung sich nach datenschutzrechtlichen Grundsätzen ausrichten.
1. Bewerbung per E-Mail
Falls die Zusendung der Bewerbungsunterlagen explizit per E-Mail von statten gehen soll, müssen entsprechende Maßnahmen wie eine Verschlüsselung mit öffentlichem Schlüssel auf aktuellem Stand der Technik angeboten werden. Ansonsten sollte auf eine Aufforderung der Einsendung der Bewerbungsunterlagen per E-Mail verzichtet werden, denn eine unverschlüsselte E-Mail bietet grundsätzlich keinen ausreichenden Schutz. Wenn bisher noch keine verschlüsselte Kontaktaufnahme möglich ist, sollte dies explizit beim Stellengesuch vermerkt werden.
Weiterhin müssen die Mitarbeiter soweit sensibilisiert sein, dass angekommene Bewerbungen über die allgemeine Kontakt-E-Mail-Adresse mit erkennbarem Inhalt einer Bewerbung ohne Durchsicht an die entsprechenden Personalstellen weitergeleitet werden und keine Ablage in den allgemeinen Ordnern erfolgt.
2. Bewerbungsportal
Beim Einsatz von Bewerbungsportalen bzw. Webformularen ist ein sicherer Verbindungsaufbau zu ermöglichen und darauf zu achten, dass die abzufragenden Informationen nur in dem Maße eingeholt werden, in dem diese auch erforderlich sind. Im Rahmen der Speicherung der Bewerbungen ist es notwendig, dass diese besonders geschützt und in gesonderten Partitionen bzw. Archivordnern abgelegt werden. Es muss zudem sichergestellt werden, dass nur die damit betrauten Personen Zugriff auf diesen Bereich erhalten. Zwingend erforderlich für die Koordinierung ist dabei die Festlegung eines Verantwortlichen für die Personalbeschaffung.
Hinsichtlich der eingesetzten Technologien (sog. „ E-Recruiting“) sind bereits im Planungs- und Entwicklungsstadium bzw. Einsatzplanung die datenschutzrechtlichen Kriterien zu berücksichtigen und Anforderungen an die Pflege und Löschung von Bewerbungsdaten zustellen. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung gibt dahingehend die Grundsätze Datenschutz durch Technik und datenschutzfreundliche Voreinstellungen vor, diese sind im Rahmen einer Vorabkontrolle (bzw. Nachfolger Datenschutz-Folgenabschätzung) auf Datenschutzkonformität zu überprüfen.
Im Rahmen solcher Tools sind den Bewerbern bei Eingabe beispielhaft Unterbrechungs-, Abbruchs- und Löschungsfunktionen zur Verfügung zu stellen. Insofern diese Tätigkeit an externe Dienstleister ausgelagert werden soll, ist vorher eine Gefahren- und Risikoauswahl zu treffen sowie eine Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung gemäß § 11 BDSG abzuschließen.
3. Allgemeine Hinweise zu Verwaltung von Bewerbungen
Eine Aufbewahrung von Bewerbung zum Rückgriff für einen späteren Einsatz ist nur mit ausdrücklicher (schriftlicher) Einwilligung des Bewerbers möglich. Gleiches gilt auch für eine Weitergabe der Bewerbungsunterlagen an Konzernunternehmen
Nach dem Bewerbungsprozess, also nach Entfallen des Speicherungszwecks, müssen die Bewerberdaten grundsätzlich nach einer angemessenen Frist ordnungsgemäß gelöscht/vernichtet (Aktenvernichter, Datentonnen) oder an den Bewerber zurückzusenden werden. Dies gilt nicht nur für händisch abgelegte Dokumente und Ausdrucke sondern auch digital gespeicherte Unterlagen in den IT-Systemen, einschließlich gefertigter Backups.
Bei der Frist ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Geltendmachung von Diskriminierungen durch den Bewerber zu berücksichtigen. In der Regel werden sechs Monate nach Absendung des Ablehnungsschreibens als Aufbewahrungszeitraum (mit Sperrvermerk) gebilligt.
Bezüglich der Einwilligungen und dem allgemeinen Bewerbungsprozesses ist eine strukturierte Dokumentation zu erstellen, um Bewerbern die notwenige Transparenz entgegenzubringen. Allgemeine Informationen zur Verfahrensweise sollten auch in den Datenschutzbestimmungen bzw. im Verfahrensverzeichnis festgehalten werden.
Gerne stehen wir Ihnen bei Rückfragen zur Verfügung.